Nicht weil es schwer ist, wagen wir es nicht, sondern weil wir es nicht wagen, ist es schwer. (Seneca)
Der Wörner (2474 m) thront wie ein König über Mittenwald im Karwendelgebirge. Sein 500 Meter mächtiger Gipfelaufbau lässt sich nur über alpine Kletterei im zweiten Schwierigkeitsgrad erreichen. Schon im Frühjahr stand ich mit meinem Hund am Einstieg und schielte sehnsüchtig nach oben. Und jetzt Ende Oktober wagten wir es: Alpinklettern in Fels, Schnee und Eis mit Hund auf den Wörner im Karwendel. Eine Bergtour der Extraklasse 🙂
In der Morgendämmerung brechen wir auf, es ist Ende Oktober. Die Berge tragen schon ihre Zuckerhaube, der Boden am Morgen noch gefroren. Wir parken in Mittenwald an den Kasernen, schlängeln uns die ersten paar Meter entlang eines Pfades durch den Wald. Kurz vor Talschluss wird die breite Forststraße von einem Steig (Wanderweg 260) abgelöst, der rasch auf einen Bergrücken und zur unbewirtschafteten Oberen Kälberalm führt. Von dort sind es nur noch wenige Minuten zur Hochlandhütte (etwa 2h).
Nach einer Stunde erreichen wir den Wörnersattel über einen steilen Weg, der die Nordwestflanke des Wörners quert. Der Pfad führt durch Latschengelände, hier ist unbedingt wegen verstärkter Bodenerosion auf dem Weg zu bleiben! Am Einstieg erfolgt ein Schuh- und Hundegurtwechsel, bevor wir uns in den Fels wagen.
Zu Beginn umklettern wir eine Stufe, dann treffen wir auf einige Serpentinen entspanntes Gehgelände, ehe es wieder wilder wird. Für Mexx gibt es bis lang keinerlei Schwierigkeiten, die Kletterei bewegt sich überwiegend im ersten Grad. Anschließend folgt eine exponierte Querung auf einigen Felsrippen. Da bei uns schon einiges an Schnee lag und stellenweise der Fels überfroren war, spurten wir uns durch den Schnee bzw. mussten Trittstufen hacken. Die Fellnase mit integrierten Steigeisen und Antirutschsohlen hatte am wenigsten Probleme, trotzdem blieb er aus Sicherheitsgründen die meiste Zeit an der Leine.
Der Weg ist gut mit roten Punkten markiert. Ein roter Pfeil weist hinauf in eine Rinne – wir umkletterten diese Stelle rechts, da zu wenig Schneeauflage in der Rinne vorhanden war und darunter Eis anstand. Hier wird die Kletterei etwas anspruchsvoller (2. Schwierigkeitsgrad). Weiter oben wird die Rinne nochmal in entgegengesetzter Richtung gequert. Aufgrund der erschwerten Bedingungen blieben wir jedoch rechts und stiegen hinauf bis zum Grat.
Und dann tat sich mit einem Mal die grandiose Bergwelt des Karwendels vor uns auf… Wir hockten wie die Hühner auf der Stange am Grat, nur wenige Meter fehlten uns bis zum Gipfel. Aber aus Zeitgründen und erhöhtem Risiko stiegen wir ab.
Der Abstieg war leichter als gedacht. Ich stieg und kletterte wie im Flow die steile Schnee- und Eisflanke hinab. Ich liebe diese Momente, in denen man voll konzentriert ist, seinem Instinkt und jahrelanger Alpinerfahrung vertraut. Tief durchatmen, hab doch schon extremere Situationen gemeistert ;). Und die Fellnase? Die bellt schon wieder in Hoffnung auf eine Schneeballschlacht ;).
Am Wörnersattel heil angekommen laufen wir auf das Gipfelkreuz des Steinkarkopfes zu und dann erst den wunderschönen Grat, später steiler durch den Wald und einer sumpfigen Almwiese hinab zur Rehbergalm. Von dort sind es noch lange und zähe zwei Stunden Abstieg bis Mittenwald. Eine Bergtour für Alpinisten und ihre Hunde 🙂
Fakten
Sehr gute Kondition, alpine Erfahrung in ausgesetztem Gelände und Trittsicherheit verlangt diese alpine Bergtour bis Kletterei in den zweiten Grad.
1550 Höhenmeter / etwa 5 h Aufstieg, 3,5 h Abstieg
Adresse fürs Navi: Am Hirtbichl 1, 82481 Mittenwald, Deutschland
A95 München Garmisch bis Autobahnende und weiter über Oberau auf die B2 Richtung Mittenwald. Ausfahrt Mittenwald Nord auf St2542, direkt hinter Kaserne mit Sportplatz links abbiegen, Isarbrücke überqueren und geradeaus weiter. Kurz nach Unterführung (B2) rechts auf kleinen Wanderparkplatz.
Hinweis: Für unsere Begehung Ende Oktober waren Eispickel, Steigeisen bzw. Grödel Pflicht!
Hundetauglich: Alpinklettern / Bergtour Wörner?
Für erfahrene Berghunde und Frauchen: ja. Mexx konnte alle Schwierigkeiten eigenständig (aber stets gesichert) lösen. Die Kletterei erreicht nur stellenweise den zweiten Grad. Den Ausstieg konnten wir leider nicht klettern, sollte jedoch nicht schwerer sein als die Schlüsselstelle an der Rinne unterhalb.
Wir waren die einzigen am Berg, was auch gut war, denn stellenweise ist der Fels sehr brüchig. Deswegen bei mehr Andrang oder Bergsteigern oberhalb: Helm!
Unerfahrenen ist von dieser Bergtour abzuraten. Bei Nebel ist die Wegfindung unter Umständen schwierig.
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