Bergtour mit Hund: Großer Rautkofel in den Dolomiten
Um den Großen Rautkofel mit Hund

Bergtour mit Hund: Großer Rautkofel in den Dolomiten

Es erscheint immer unmöglich, bis es vollbracht ist. (Nelson Mandela)

Der Gipfel des Großen Rautkofels mit seinen 2826 m in den Sextner Dolomiten kann nur erklettert werden. Eine abenteuerliche Tour im weglosem und ausgesetztem Gelände mit Kraxelpassagen führt auf alten Steigspuren drumrum. Eine schwere und atemberaubende Bergtour: – der Große Rautkofel mit Hund.

Stellungen aus dem 1. Weltkrieg
Stellungen aus dem 1. Weltkrieg
Auf ins schwierige Gelände
Auf ins schwierige Gelände

Wegbeschreibung

Ich starte an einem kalten Morgen im Oktober am Parkplatz Fort Landro. Schon auf den ersten Meter brauche ich den GPX-Track, denn die Tour folgt nicht dem Wanderweg, sondern hinter den Gebäuden über eine Gerölllawine bergan, bis sich ein Pfad wiederfindet. Ich folge den Steinmännern – sie sind die einzige Markierung für heute –  in steilen Serpentinen schnaufend, hinter einer hoch motivierten Fellnase hertapsend zum Sattel (Forti di Monte Rudo). Wir schlendern durch die alten Stellungen aus dem Ersten Weltkrieg, dann wird es schnell ernst.

Schwierige kurze Kletterstelle
Schwierige kurze Kletterstelle
Brüchige Steilstufe
Brüchige Steilstufe

Nach den Stellungen wartet eine kurze, aber für uns recht unschwierige Steilstufe. Die Steigspuren werden immer schmaler und vorsichtig tasten wir uns ausgesetzt durch die steilen Geröllhänge. Teilweise ist der „Weg“ immer mal wieder abgerutscht – selbst das Wort „Pfad“ wäre eine Übertreibung. Der Steig führt uns an eine brüchige Wandstelle, oben auf die Steinmänchen (letztes Foto). Kritisch mustere ich sie, dann habe ich eine Möglichkeit gefunden und lotse den Vierbeiner mit Unterstützung durch den Fels. 

Auf sehr schmalem Band unterhalb der Felsen entlang
Auf sehr schmalem Band unterhalb der Felsen entlang
Etwas breiter unterm Felsüberhang zum Verschnaufen
Etwas breiter unterm Felsüberhang zum Verschnaufen

Behutsam bewegen wir uns in diesem ausgesetzte Gelände. Wie immer habe ich mehr Schiss als Fellnase der mit seinen Pfoten geradlinig vor mir dahintapst. Weiter anstrengend und ausgesetzt, aber erst mal ohne weitere Kletterei.

Der nicht vorhandene "Pfad"
Der nicht vorhandene "Pfad"
Großer Rautkofel mit Hund
Großer Rautkofel mit Hund

Kurz können wir auf einem Grasrücken durchatmen – mit Dreizinnen Blick und wieder Stellungen aus dem Ersten Weltkrieg. Den Spuren folgend blicken wir auf den Teston di Monte Rudo (Rautkopf, 2606 m), welcher als Gipfel erwandert/erkraxelt werden kann. In einer felsigen, steilen Wand verlieren wir die Steinmännchen aus dem Blick und ich kralle mich mit den Fingernägeln in den Schutt, während Fellnase mit seinen Krallen besser aufgestellt ist. Der eigentliche Steig verläuft eher in der linken Flanke. 

Grasrücken mit Stellungen, vor uns mittig der Teston di Monte Rudo
Grasrücken mit Stellungen, vor uns mittig der Teston di Monte Rudo
Verstiegen - eher in der linken Flanke weiter
Verstiegen - eher in der linken Flanke weiter

Über einem flachen, grasdurchsetzten Rücken steigen wir zum Gipfelkreuz – welches eher eine hölzerne Pyramidenkonstruktion ist, genießen unser Käsebrot und den festen Boden unter unseren Pfoten 😉 . Die beiden GPX-Tracks, die ich im Netz gefunden habe, verlaufen jetzt ein Stück unterschiedlich. Der eine geht den Aufstieg zurück zum Sattel und dann weiter auf dem Steig. Der andere verläuft kurz nordseitig, quert eine Scharte und trifft dann wieder auf den Steig wie der andere Track. Da ich ja immer für Neuland bin… suchen wir den Pfad auf die Nordseite.

Mit Hund auf dem Rautkopf - Teston di Monte Rudo
Mit Hund auf dem Rautkopf - Teston di Monte Rudo

Mein GPS-Punkt ist nun genau auf dem Abzweig des Tracks. Ich blicke in dieses steile Geröll hinunter. Nein, das kann nicht sein. Ich bin falsch. Noch eine Weile suche ich nach einem Pfad, dann sehe ich einen Fußabdruck in dem steilen Geröll. Ernsthaft? Anscheinend. Wir schlittern den Spuren folgend bergab. Rechterhand an den Felsen sehe ich Reste von Holzleitern und Stufen. Da auch wieder ein Steinmännchen – vorsichtig queren wir um die Felsen und müssen noch eine kleine ausgesetzte Stelle passieren, dann stehen wir in der Scharte.

Steiler Abstieg auf der Nordseite
Steiler Abstieg auf der Nordseite
Letzten Meter zur Scharte
Letzten Meter zur Scharte

Dasselbe Spiel erneut – im steilen Schutt (auf den Bildern wirkt es viel flacher als in Wahrheit ist – nur so viel, das berghoch ist Quälerei 😉 ) rutschen wir schritteweise bergab, zurück zum Weg, der vor dem Teston di Monte Rudo vom Grasrücken mit Stellungen dort hinzieht. Wem der Nordabstieg zu heikel ist, geht den Aufstiegsweg zurück zum Sattel!

Blick zurück: Kurze ausgesetzte Kraxelei
Blick zurück: Kurze ausgesetzte Kraxelei
Abstieg zurück zum Steig, links ist der Grassattel mit Stellungen
Abstieg zurück zum Steig, links ist der Grassattel mit Stellungen

Die Steigspuren sind ein Hauch im staubigen Schutt, der mit jedem Schritt aufwirbelt. Teilweise ist der Hang abgerutscht, sodass man mit äußerster Vorsicht die Abbruchkante umgehen muss.

Erneut... der nicht vorhandene "Pfad"
Erneut... der nicht vorhandene "Pfad"
Abgerutschter Pfad, noch ausgesetzter als so schon
Abgerutschter Pfad, noch ausgesetzter als so schon

Schon bald kommt meine persönliche Schlüsselstelle, welche mir bei der Recherche vorher etwas Sorgen bereitete. Schaffbar, klar, aber allein mit Hund muss ich mir da was überlegen. Dachte ich zumindest. Wir nähern uns der ca. 3 m hohen Steilstufe, an der eine etwas wackelige Leiter lehnt. Die Leiter ist mit Prusiken am Fels gesichert. Ich bin noch am Überlegen, wie ich das am schlauesten mache und rede beruhigend auf den Vierbeiner ein. Da nimmt dieser mir die Entscheidung ab, geht an die Kante, ich sichere ihn über die Leiter (nicht über den Körper!!! Gefahr des Mitreißens!) und gesichert baumelt der Vierbeiner kurz über dem Boden, wo ich ihn dann mit einem Satz ablasse. Ähhm Fellnase, das war eine sehr schnelle Aktion, denke ich und bin dankbar über meinen mutigen Berghund und über den Sicherungsfixpunkt der Leiter. Ist man zu zweit (Menschen) unterwegs, dann ist diese Stelle einfacher zu lösen. Der obere gibt den Hund in die Hände des unten Stehenden. Fertig.

Schlüsselstelle: Leiter im Abstieg
Schlüsselstelle: Leiter im Abstieg
Geschafft: die etwa 3 m hohe Steilstufe mit Leiter
Geschafft: die etwa 3 m hohe Steilstufe mit Leiter

Bald erreichen wir eine erneute Verschnaufstelle mit Ausblick. Fellnase liegt im Schatten der kühlen Mauern, einen Wassernapf vor der Schnauze und tankt Kraft für die nächste Kraxelei. An diesem Punkt trennen sich erneut die GPX-Tracks.  Einer verläuft nun unterhalb und quert da zum Wildgrabenjoch (Track Historische Wanderung zum Rautkofel). Der andere steigt noch weiter bergan zum Mittleren Rautkofel. Gut, was für eine Frage… ein Blick auf die Uhr, wir nehmen die letzte Variante.

Schattenparker in einer alten Stellung
Schattenparker in einer alten Stellung
Kraxelstelle nach der Stellung
Kraxelstelle nach der Stellung

Etwas Kraxelei, ausgesetze Pfade in steilen Schuttflanken – so geht es weiter bis zum letzten Sattel unterhalb der Forcella dei Rondoi. Immer wieder blicken wir auf die Drei Zinnen und die Gipfel, die wir in den Tagen zuvor bestiegen haben. 

Blick zum Großen Rautkofel
Blick zum Großen Rautkofel
"Schattenparker" - Pause! ;)
"Schattenparker" - Pause! 😉

Endlich! Ich checke schnell das GPS –  ja ab hier geht es nur noch runter. Aber die Vorfreude wandelt sich bald wieder in höchste Konzentration, denn flacher oder wanderfreundlicher wird das Gelände hier nicht. Man sollte sich im Abstieg an den Steigspuren und den Steinmännchen orientieren, gerade im oberen Bereich eher links an den Felsen halten und nicht nach rechts unten. Man kommt sonst nicht mehr rüber aufgrund eines Felsabbruches. Mühsam rutschen und schlittern wir durchs Geröll hinab. Ehemalige Steigspuren sind kaum zu erkennen, da bei jedem Schritt die Spur mit abrutscht. Man fährt quasi Ski auf Schutt.

Wieder steiles Geröll in einer Flanke
Wieder steiles Geröll in einer Flanke
Jetzt nur noch bergab zum Wildgrabenjoch - vor uns der Große Rautkofel
Jetzt nur noch bergab zum Wildgrabenjoch - vor uns der Große Rautkofel

Am Wildgrabenjoch wartet das Paradies der Zivilisation: Wegweiser, breite, sichere markierte Wanderwege. Achja, nach diesem Abenteuer, der Große Rautkofel mit Hund, bin ich tatsächlich ganz froh darüber. Wir teilen uns ein paar Riegel und tingeln glücklich  den Weg hinab zum Rienztal. Im kühlen Bergbach nimmt Fellnase laut bellend ein Bad, während ich meine Trinkblase auffülle. Auf breitem Forstweg kehren wir zum Parkplatz „Drei Zinnen Blick“ zurück, mit all den Menschen, Touristen, Autos, Fotoapparaten und weiteren Zivilisationshighlights. Verstaubt, verschwitzt, hungrig und müde fliege ich wie in einer Wolke an dem Rest der Welt vorbei. Das sind die ersten Menschen, die ich heute sehe. Die restlichen Meter zurück zu Fort Landro. Der Vierbeiner kringelt sich sofort in den Schlafsack im Kofferraum zusammen. Ich komme auch gleich nach, denke ich schmunzelnd.

Zäher, anstrengender Abstieg durch steilen Schutt
Zäher, anstrengender Abstieg durch steilen Schutt
Auf markiertem Weg zum Rienztal
Auf markiertem Weg zum Rienztal

Anspruch Großer Rautkofel mit Hund:

  • der Gipfel kann nur erklettert werden (3er Gelände), eine Tour herum ist auf historischen Steigspuren möglich
  • konditionell sehr lange und technisch schwere Tour (1700 hm, 20 km)
  • äußerst anspruchsvoll – zwar nur wenig Kletterei, aber die „Weg“-verhältnisse sind nur etwas für sehr erfahrene Berggeher
  • Oberhalb des Forte di Monte Rudo weglos, ausgesetzt, brüchig, mit Kletterstellen, teils abgerutschte Flanken.
  • keinerlei Markierung bis auf Spuren und Steinmännchen
  • wer schnell umknickt, sollte stabile Schuhe tragen. 
  •  Für die Schlüssestelle(n) sind zwei Leute hilfreich. Ansonsten über die Leiter den Hund nur gesichert ablassen.
  • Ich habe einen Helm vorsichtshalber getragen, weil man sich nahe der teilweise brüchigen Felswände bewegt.
  • Äußerst einsame Tour! Auf vollem Handyakku achten und vor Start eine Info an jemandem geben, wo man unterwegs ist.
  • Ungesicherte Kletterei im 1.bis 2. Grad (Schlüsselstelle meiner Meinung nach ist die Leiter)
  • verschiedene Varianten: Abstieg vom Teston di Monte Rudo über Aufstiegsweg zum Fort Landro (kurze Tour) oder ab Sattel mit Stellung unterhalb zum Wildgrabenjoch oder Aufstieg Richtung Mittlerer Rautkofel
Tourenbericht auf hikr.org für die kurze Tour „Teston di Monte Rudo“: Rautkopf 2607m – Verlassene Welt [hikr.org]
GPX-Track mit Anstieg zum Mittleren Rautkofel: Rautkofel mit Querung zum Wildgrabenjoch – BERGFEX – Wanderung – Tour Südtirol
GPX Track mit Querung unterhalb zum Wildgrabenjoch: Historische Wanderung zum Rautkofel – BERGFEX – Wanderung – Tour Südtirol
Bergtour mit Hund: Um den Großen Rautkofel
Bergtour mit Hund: Um den Großen Rautkofel

Hinweise (eigentlich selbstverständlich…) :

  • absolute Trittsicherheit und alpine Erfahrung für Mensch und Hund erforderlich – nur das tun, was man sich zu traut. Wir haben jahrelange alpine Erfahrung, sind somit nicht für „Anfänger“ vergleichbar… Solche Touren sind mit Hund nur gehbar, wenn Herrchen und Frauchen sich nahezu einhändig und einbeinig im Gelände bewegen können.
  • Wer allein unterwegs ist, sollte sich überlegen, ob er den Hund ausreichend heben/stützen kann.
  • Bei Vereisung, Schnee und Nebel heikel!
  • Im leichten Gelände geht Mexx bei mir an einer elastischen, aber doch stabilen Leine. Im sehr leichten (Geh-)Gelände am Zuggeschirr. Wird das Gelände schwieriger, verwende ich Seil bzw. Schlingen und Karabiner zum Sichern. Für anspruchsvolle Kraxelstellen mit benötigter Unterstützung sollte ein klettertaugliches Geschirr gewählt werden.
Tipps für Klettersteige mit Hund: Klettersteig mit Hund
Klettersteige in den Dolomiten mit Hund: Dolomiten mit Hund: Klettersteige, Bergtouren und Wanderungen
 

Schreibe einen Kommentar

Menü schließen