Manchmal nehmen die kleinsten Dinge den größten Platz in unserem Herzen ein. (Winnie Puuh)
Nachdem der geplante Kletterausflug nach Arco aufgrund eines verdorbenen Magens meines Seilpartners kurzfristig ins Wasser fiel, werfe ich einfach die Mountainbikesachen, das neue Radl und Fellnase ins Auto. Und wenige Stunden nach dem 50. Skitag der Saison stehe ich oberhalb vom Gardasee – zum Mountainbiken mit Hund.
„Setze einer Veränderung, auf die du keinen Einfluss hast, nie Widerstand entgegen.“ Schlaue Worte eines noch schlaueren Buches in meinem Kopf. Manchmal dauert es sehr lange, um dies zu begreifen. Vielleicht just in dem Moment, in dem ein Old-MacDonald-Had-A-Farm-hupender Truckfahrer um die Serpentine biegt und mir grinsend zuwinkt -da ich gerade dabei bin, mich halbnackt in meine Radhose zu zwängen (Ee-aye, ee-aye, oh). Dann sind wir unterwegs – kleiner „Familienausflug“ mit dem Vierbeiner und dem neuen Bike (einem Liv Intrigue LT Advanced Pro 1), welches endlich eingeweiht werden will vor dem nächsten Vier-Wochen-Einsatz auf Sardinien, Korsika und Elba. Danke an Nico, meinem Radexperten aus Innsbruck, der geduldig meine unzähligen Fragen beantwortet hat.
MONTE CORNO TRAIL TOUR, 920 hm, 20 km mit Maso Naranch Trail
Nicht nur, dass die Bikesaison beginnt – damit tut es auch die Saison der Flüche und Herr-Gott-Ausrufe in Anbetracht von steilen Up- und Downhills und kniffligen Passagen. Zäh und scheinbar endlos trete ich durchgeschwitzt bergauf, Herr Hund trabt vorneweg, nachdem wir durchs verschlafene Örtchen Arco gerollt sind. Jetzt in der Nebensaison ist es wunderbar einsam und ruhig. Am höchsten Punkt der Tour klicke ich den Kinnbügel in den Helm, ziehe die Schoner und lange Klamotten an – denn hier oben weht ein kühler Wind, der sich auf der nassen Haut noch kälter anfühlt. Erst gemütlich bergab entlang blumengesäumter Pfade, dann wird es unverhofft ruppig.
Gerade versuche ich Mexx mit dem Back-Kommando (Zurück) hinter mich zu bringen, da stehen auf einmal zwei Biker da. Einer unterhalb der vermeintlichen Schlüsselstelle, einer oberhalb, der sich noch nicht ganz traut. Steiles verblocktes Gelände mit Wurzeln. Fellnase betreibt rudelbildene Maßnahmen und rennt von einem streichelwütigen Zweibeiner zum nächsten. Dezent überfordert von der abrupten Schwierigkeit (in der Beschreibung steht: Nur für Experten ein Genuss) und der Gefahr hin, dass Mexx einfach alle beide zugleich auffrisst, löse ich die Bremsen und vertraue dem neuen Bike, dass es mich sicher hindurch trägt – eine Stelle, die ich sonst womöglich schieben würde. Erstaunlicherweise kommen Rad und ich heil durch und wir düsen weiter, der Vierbeiner im Schweinsgalopp mit dabei.
Am Abend – hoch oberhalb des Gardasees, an einem einsamen Stellplatz inmitten von senkrechten Felswänden und Waldkauzrufen, während unter uns die Lichter von Riva del Garda flackern, koche ich Essen und kuschle mich später in den Schlafsack. Und bin sehr dankbar für meine Freunde und die tolle gemeinsame Zeit der letzten Monate, meinen flexiblen Job, indem ich die Extrawurst vom Dienst bin und für meine Familie, für die es vollkommen normal ist, wenn wir durch die Weltgeschichte purzeln. Und für dieses schnarchende, pupsende Ungetüm neben mir.
MONTE CASALE TRAIL TOUR, 44 km, 1700 hm
Heho, wo geht es heute hin? scheint der Vierbeiner zu grinsen, als er die ersten Meter am Morgen hochmotiviert läuft. Die Steilheit aktiviert mal wieder meinen Fluchmodus, dann werde auch ich langsam wach. Auf etwa 1200 m Seehöhe beginnt der Schnee. Dummerweise liegt der Gipfel aber auf 1630 m. Ich schiebe. Bis ich schließlich das Rad schultere und wadentief im Sulzschnee versinke. Etwa drei Stunden geht das so. Mit Eisfüßen in der Abfahrt (die wasserdichten Socken befinden sich natürlich im Auto) wartet schon das nächste Hindernis. Der Trail wird von gerodeten Bäumen verdeckt, soweit man blicken kann. Also Rad auf die Schultern und drüber, drunter, durch die Stämme balancieren.
Endlich kommen wir ins Rollen, ins Fliegen. Über laubbedecktes loses Geröll eines nassen Bachbettes steil hinab schlitternd, dann entlang eines von Märzenbechern gesäumten Wurzelpfades hinaus auf die helle Wiese umrahmt von Felsen. Klar könnte man sagen, was für eine Schinderei. Aber jedes Mal, wenn ich aufs Mountainbike steige, die Bremsen löse und spüre wie Federgabel, Dämpfer und mein Körper arbeiten um so dahinzufliegen, dann ist alles vergessen. Dann zählt nur das Spiel von Tempo und Technik, tja und (ein wenig) der Reiz des Risikos.
Am nächsten Morgen, bereit zur Malga Grassi-Tour zu starten, da die eigentlich geplante Tour aufgrund von Schnee sich nun doch nicht so empfiehlt 😉 … blickt mich der Vierbeiner aus müden Augen an. Okay, dann heute gemütlich. So frühstücken wir genüsslich mit Blick auf den Lago di Tenno und schlendern hinab für einen Morgenspaziergang. Zwei Italiener am Ufer. It’s impossible to go around the lake, sagen sie und deuten auf den überschwemmten Uferweg. I think it will be okay, sage ich. So kraxeln Fellnase und ich den Hang entlang, balancieren über Steine und am Ende über eine 120 m lange Hängebrücke. Dass der Schlawiner in Anbetracht des Sees seine Müdigkeit augenblickblich vergessen hat… nunja. So habe ich nun auch etwas mehr Zeit für die Schmutzwäsche und die Radelpflege, bevor es am nächsten Morgen früh auf Dienstreise geht. Im Kopf schon die nächsten Trails im Blick. Eine gelungene Generalprobe für unsere drei Inseln – Mountainbikeurlaub, der in wenigen Tagen beginnt 🙂
Mountainbiken mit Hund am Gardasee:
Bitte informiert euch im Vorfeld über Touren und Trails. Für die Hundegelenke sollten Touren mit viel Asphalt gemieden werden. Wir vermeiden auch die Hauptsaison (Hitze und zu viele Menschen) und Abschnitte mit viel Verkehr.
Infos findet man unter: Mountainbike am Gardasee: MTB-Touren und Tipps • Gardasee (gardatrentino.it)
der bekannten Trailforks App oder wer hat: In der Offline-App Osmand sind die Trails im MTB-Layer zu finden.
Frohe Radelzeit 😉
Weitere Tourenberichte vom Mountainbiken mit Hund:
- Mountainbiken mit Hund (Enduro) – Elba
- Mountainbiken mit Hund (Enduro) – Korsika
- Mountainbiken mit Hund (Enduro) – Sardinien
- Mountainbiken mit Hund (Enduro) – Gardasee
Weitere Tipps :
Ulrich Mittring
17 Mrz 2024Toller Bericht mal wieder! Wolltest du nicht einen Gang runter schalten? Und jetzt vier Wochen Inselhopping? Alles Gute, wenn es denn dann los geht.
Francie
20 Mrz 2024Hey Ulli, du weißt doch: Wer rastet, der rostet. Im Winter war Skizeit, jetzt kommt die Radelzeit 🙂 Danke!