Radreise Mazedonien – Albanien – Griechenland
Radreise Albanien

Radreise Mazedonien – Albanien – Griechenland

September 2015 – 4 Wochen allein auf Radreise durch Südosteuropa und die Länder Mazedonien, Albanien und Griechenland.

Mit dem Flugzeug ging es ab Nürnberg nach Skopje, Mazedonien. Dort erwartete mich gleich beim Aussteigen drückende Hitze und trockene, hügelige Landschaften. Ein ganzer Monat allein auf dem Rad lag vor mir – eine Strecke hatte ich mir vorher in mühevoller Arbeit haargenau ausgearbeitet. Eine Durchfahrung der Berglandschaft des Balkans sollte es werden… aber… aber wie so oft, wurde spontan vieles anders.

Straßenverhältnisse Albanien
Straßenverhältnisse Albanien
Berge und einsame Straßen in Albanien
Berge und einsame Straßen in Albanien

Ursprünglich wollte ich einer kleinen Dorfstraße über die Berge nach Gostivar folgen und danach weiter nach Debar, um von da aus in die Albanischen Alpen zu fahren. Planmäßig immer in den Bergen nach Süden bis ich ans Meer komme… aber nunja Straßen auf einer Karte und Straßen in der Wirklichkeit sind zwei verschiedene Dinge. Meine kleine Dorfstraße erklomm ich mehrere Stunden schiebend und schwitzend, nur um mir kurz vor dem Pass von den Dorfbewohnern anhören zu müssen, dass es keine Durchfahrt gäbe. Warum? Mich zerfleischende Hunde, schießwütige Soldaten, giftige Schlangen? In den Hand-und-Fuß-Erklärungen war alles Mögliche dabei. Einen abgelehnten Heiratsantrag später gelangte ich am Abend genau an die Stelle, an der ich am Morgen abgebogen von der großen Straße. Es war übrigens nicht der einzige Heiratsantrag auf dieser Reise und schon gar nicht auf den anderen. Zur Verteidigung ziehe ich dann immer ein Foto meines megamäßigem Bodybuilder-„Freundes“ aus der Tasche und sage: „Husband in Germany“. Dann ist meistens Ruhe und ich darf fahren. Noch wirksamer ist es, wenn ich sage, dass dieser Muskelprotz auch gleich um die Ecke kommt. 😉

Gut, also umplanen und auf der Hauptstraße weiter. Ich war frustriert und ahnte, was in den nächsten Wochen auf mich zu kommen würde, wenn ich mich an meine Auf-dem-Bett-zusammen-gebastelete-Route hielt. 13 Kilometer nach Kichevo hielt ich am Abzweig nach Debar… Sollte ich oder sollte ich nicht? Mein schmerzendes Knie und mein Kopf sträubten sich aufgrund der Kombination schweres Reiserad, schottrig-sandige steile Schiebe-Pisten ins Nirgendwo ohne Wasser. Ein Gedanke machte sich breit: Vom Ohridsee direkt ans Meer und dann weiter nach Griechenland? Ist vermutlich als Alleinreisende die bessere Variante: Radreise Mazedonien-Albanien-Griechenland 2.0.

Mit dem Rad allein durch Albanien
Mit dem Rad allein durch Albanien
Traumhafte Zeltplätze vor den Albanischen Alpen
Traumhafte Zeltplätze vor den Albanischen Alpen

Im Ohridsee gab es das erste Bad dieser Reise und nun ab nach Albanien! Ich radle über Mollas nach Borova und so langsam gelange ich in meinen Radreisemodus. Es gibt hier nur kleinere Tante Emma Lädchen. Aus meinem Tagebuch: „Bei Osmand (Offline-Navigations-App) zeigt es im Umkreis von 500 km kein Lebensmittelgeschäft an… Bedenklich.“

Über Leskovic, weiter Richtung Permet – endlich mal eine lange Abfahrt hinab ins Tal und Einkaufmöglichkeiten! Eine unfassbar schöne und wilde Landschaft,  wenig Verkehr und im Blick immer diese gigantischen Felswände. Ein heftiges Unwetter erwischte mich (es sollte jedoch noch viel schlimmer bald kommen…) auf meinem Weg zum Meer. In Ksamil ruhte ich ein paar Tage auf einem Zeltplatz (Camping Sunset für 5 Euro am Tag) direkt am Wasser aus. Ich war der einzige Gast – im September ist die Saison vorbei. Ruhe, Sonne, ein Supermarkt in der Nähe und Wellenrauschen – was wollen meine müden Beine mehr?

Regen...
Regen...
Sommer, Sonne, Meer in Albanien
Sommer, Sonne, Meer in Albanien

Nach zwei Tagen Faulenzen juckte es mir wieder in den Radlerbeinen und ich fand mich auf der Küstenstraße nach Igoumenitsa wieder. Immer wieder hoch und runter ging es hier, die Ausblicke aufs Meer waren trotz Schweiß in den Augen herrlich… die Sprünge ins kühle Nass eben so. Ich rollte über Parga, Mesolongi nach Itea. Hier musste ich mich vom Meer verabschieden und hielt mich ins Landesinnere nach Lamia. Ich nahm nahe der Autobahn E 75 die dazu verlaufende Service Road nach Thessaloniki. Hätte nicht gedacht, dass sie sich so angenehm fahren lässt, zweispurig, guter Asphalt, nur sanfte, kleine Anstiege.

„Meine Tage sehen gleich aus. Zwischen 5 und halb 6 aufstehen, Sachen packen, Frühstück. Zwischen 6 und halb 7 Abfahrt. Dann fahre ich meist bis um zwölf, esse unterwegs vielleicht (also eher immer) etwas. Die nächsten 4 Stunden Siesta: Dösen, Lesen, Schreiben, Reis oder Nudeln kochen. Gegen 4, halb 5 geht es weiter bis etwa halb 7. Zelt aufbauen, essen, schlafen. Jeden Tag aufs Neue.“

Sonnenuntergang am Meer in Griechenland
Sonnenuntergang am Meer in Griechenland
Trocknen nach abgesoffenem Zelt
Trocknen nach abgesoffenem Zelt

„Schiffbruch im Wasserbett….

Ich hockte auf meinen Füßen, die Knie nah aneinander gepresst, um eine möglichst geringe Potentialspannung im Falle eines Blitzschlages zu erzeugen. Jedes Donnern, jeder Schlag ließ mich zusammen zucken und immer nachdem das Zelt hell erleuchtet wurde, begann ich automatisch mit zählen… 21, 22, 23… Schon bald bekam ich Krämpfe in den Beinen, meine Knie schmerzten von der Position. Insgesamt muss ich 2 Stunden so da gehockt haben. Ich hatte eine verdammte Angst, das Unwetter schien von allen Seiten auf mich zuzukommen. Vor Krämpfen und Erschöpfung  kippte ich immer wieder mit dem Oberkörper zur Seite, wollte mich hinlegen, die Beine ausstrecken, Augen schließen. Doch jedes Krachen, jedes Blitzen brachte mich dazu, mich zitternd hoch zu quälen und hin zu hocken…21, 22…

Wenn ich zaghaft aus dem Zelt lugte, konnte ich die weiß gezackten Einschläge sehen. Es war gigantisch, es machte mir Angst. Als ich die Plane verschloss, fiel mein Blick auf den Boden… eine riesige Pfütze. Ich schätze, dass ich auf etwa 10 Zentimeter Wasser und Grasboden stand und dies hält kaum ein Zelt aus. Der sintflutartige Regen in Kombination mit dem ausgetrockneten Boden – eine Katastrophe. Der Sturm hatte die Zeltheringe herausgerissen und mein Kopf war die einzige Stütze. Alles war nass, die wichtigsten Sachen wie Handy und Geldbeutel hielt ich in den Händen. Gegen halb 4 ließ der Regen nach, der Sturm wütete ununterbrochen. Ich quälte mich aus dem abgesoffenen Zelt, stakste durch dreckiges Wasser und ließ mich auf meine Isomatte auf einer wenig überfluteten Stelle nieder. Frierend, erschöpft und einsam – ich war nur in ein Handtuch gewickelt und trug meine Unterwäsche – wartete ich dort, dass die Sonne aufgeht. Eine Wolke färbte sich langsam rosa… Wunder… ein neuer Tag, ein neues Leben beginnt…“

Die nächsten zwei Tage verbrachte ich in einem leerstehenden Haus, trocknete meine Sachen, fand Schutz vor weiterem Dauerregen und Sturm und sammelte das Regenwasser zum Trinken. Endlich wurde das Wetter besser und ich setzte meinen Weg weiter fort. In dem Axios-Nationalpark vor Thessaloniki verbrachte ich noch ein paar schöne Stunden am Meer ehe ich in Star Dorjan (Mazedonien) von einer lieben Familie aufgenommen wurde und mich da noch etwas ausruhte.

Zwei Tage später erreichte ich nach 28 Tagen allein in der Fremde und 1800 Kilometern wieder den Flughafen in Skopje und von da ab nach Nürnberg und nachhause…Die Radreise Mazedonien Albanien Griechenland hatte ein Ende gefunden und nun? Duschen! Essen!

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