Alle Träume können wahr werden, wenn wir den Mut haben, ihnen zu folgen. (Walt Disney)
Der Weg der Riesen wird er genannt, der Aostatal-Höhenweg Nummer 1. Südlich von Monte Rosa, Matterhorn und Mont Blanc zieht er durch einsame, wilde Berglandschaften, urige Bergdörfer und Almwirtschaften. Ein kleiner Tourenbericht zum Trekking mit Hund auf dem Aostatal-Höhenweg Nummer 1, dem Weg der Riesen.
Dienstag, 10.8.21, 16:30 Uhr, kurz unterhalb Col Giassit
Die Sonne wärmt meinen Rücken, Kuhglocken ganz nah, ein frischer Wind streichelt das Gras. Kurz unterhalb des Passes liegen wir auf einem Vorsprung, fast ein Adlerhorst, schauen ins Tal und zu den weißen Viertausendern. Die Fellnase hechelt, der Zweibeiner pflückt Heidelbeeren neben dem Zelt.
Der Schweiß rinnt in die Augen, salzig, klitschig, fühlt sich meine Haut an. Vor etwa einem Jahr war ich schon mal hier im Aostatal auf der GTA. Und doch ist so einiges anders. Diesmal markiert das Aostatal den Anfang einer Fernwanderung. Der Höhenweg schlängelt sich meist hoch oben das Tal entlang. Die GTA durchquert nahezu jedes Tal auf den Weg nach Süden. Trotzdem juchze ich immer vergnügt, wenn ich die GTA-Zeichen am Wegesrand entdecke. Wenn ich gedankenverloren mit der Fellnase die einsamen Pfade laufe, die wilden Täler, schroffen Felsen und hohen Schneeberge sehe, höre ich das stete Klack Klack von zwei Trekkingstöcken hinter mir. Nicht allein diese traumhaften Welten zu erfahren, ist ein großes Geschenk.
Des Nachts blicke ich auf und sehe tausend Sterne über mir. Am Morgen laufe ich barfuß durch taunasses Gras zu den Heidelbeeren. Vielleicht, so denke ich mir, werde ich für immer hier bleiben…
Wir erklimmen Höhenmeter um Höhenmeter, bergauf, bergab. Kaum eine Menschenseele weit und breit. Nur Scharen von Schmetterlingen, Murmeltieren und ab und an Weidevieh mitsamt Hütehunden. Die Tage sind heiß, jeder Schatten, jede Wasserquelle wird genutzt. Das Zelt am Ufer von kristallklaren Bergseen aufgestellt, den „Feierabend“ dösend oder lesend nach der eisigen Erfrischung verbracht bis zum Schlaf unterm Sternenhimmel.
Donnerstag, 12.8.21, unterhalb Colle Bosa, zwischen See und Steinhütten (Nachtrag, nachts)
Wir sitzen aufrecht im Zelt mitten in der Nacht. Sekundenlang steht das Zelt in greller Helligkeit durch die Blitze, die nahezu ständig zucken. Es grollt, donnert, als würden die Riesen mit Steinhämmern gegen Wellblech schlagen. Wie ein Schwall ergießt sich der Regen prasselnd aufs Zelt. Einige Sekunden Flaute, dann braust eine enorme Sturmböe an, die unser Zelt derart hin und her schleudert, dass wir mit den Händen Gegendruck ausüben. Immer wenn grell laut der Himmel einzustürzen droht, entwischt mir ein kleiner Aufschrei. Irgendwann, irgendwann wird es ruhiger. Erschöpft schließe ich die Augen. Durch das Unwetter habe ich meine Fußschmerzen fast vergessen. Die Hälfte der Isomatte nimmt die riesige Fellschnauze ein, neben mir schlummert der Zweibeiner schon tief. Irgendwie versuche auch ich Schlaf zu finden.
Der Höhenweg passiert im Verlauf einige Berghütten, Almen und bei Talabstiegen auch Ortschaften. Da wir mal wieder superschlau waren, verließen wir den offiziellen Weg und suchten uns eine Abkürzung raus, um uns den Talabstieg zu sparen. Beim Trekking mit Hund auf dem Aostatal Höhenweg schliefen wir immer im Zelt und waren selbstversorgend unterwegs.
Diese Abkürzung führte uns jedoch in luftiger Kraxelei immer entlang eines Grates bis zum Gipfel und auf der anderen Seite steil hinab und wieder hinauf bis zum nächsten Pass. So richtig Zeit und Schweiß haben wir zwar nicht gespart, dafür war es aber umso mehr ein kleines Kraxelabenteuer auf dem Aostatal Höhenweg mit Hund.
Sonntag, 15.8.21 19 Uhr, verfallene Alm Falegnon oberhab Valtournanche (südlich des Matterhorns)
Die Sonne verschwindet gerade hinter den Gipfeln, verfallene Steinhütten und eine kleine ebene Almwiese vor uns, direkt am Steilabbruch hinunter ins Tal. Nicht weit weg leuchtet der Monte Rosa Gletscher. Unsere Rucksäcke mit Vorräten aufgefüllt, aber am Wasser gespart, denn irgendwo war ja ein Bach eingezeichnet… In Gedanken finde ich mich mit einer durstigen Nacht ab, da meint der Zweibeiner hinter mir: „Ich probiere jetzt einfach mal diesen Wasserhahn hier.“ Aha, denke ich mir, hier ist alles verfallen… kurz danach schreie ich „Wasser!“ und tanze vor Freude zur Tränke. Was für ein traumhaftes Nachtlager! Und eine spritzige Dusche aus dem Gartenschlauch inklusive – welch eine Wohltat. Die beste und dringendst benötigte Dusche mit Ausblick, die ich je hatte.
Der nächste Tag war mit der schönste Abschnitt auf dem Weg, da es (relativ) auf einer Höhe durch eine wundervolle Landschaft ging, an zwei funkelnden Seen vorbei, gigantische Felsenlandschaften, grasige Hochebenen und Ausblicke zu den Viertausendern. Am höheren der beiden Seen, nahe einer Biwakhütte, stellten wir unser Zelt auf. Es sollte unser letzter Abend auf dem Aostatal Höhenweg Nummer Eins mit Hund werden. Ich hatte mir etwas den Magen verdorben (mit was auch immer) und schwächelte. Die Schritte bergauf waren nicht wie sonst flink und zügig, sondern als würde ich gegen eine Wand anrennen. Am nächsten Morgen ging es zwar besser, aber uns kam der Abstieg vom Höhenweg nicht ungelegen. Trotzdass uns dieser Trekkingtraum so begeistert hat und es bis zum Ziel in Courmayeur nur noch vier Tage waren – wir wollten die restlichen Tage noch mit (Alpin)Klettereien verbringen und die Zeit im VW-Bus genießen, bevor es dann vier Wochen zum Bikepacking nach Kirgistan geht.
Der wohlverdiente Ruhetag am VW-Bus im Schatten. Der letzte Tag bis ganz hinab ins Aostatal waren lange 30 km und knapp 3000 Höhenmeter runter, eine Stunde vollgestopfte Busfahrt mit der Fellnase eingequetscht zwischen den stinkenden Füßen, ein halbtot-endlich-in-die-nächste-Pizzeria-einfallen-und-zu-viel-Wein-auf-ausgehungerten-Magen-trinken (also zumindest ich, da ich nichts vertrage). Herr Hund döst sehr müde den nächsten ganzen Tag, ebenso wie Herrchen und Frauchen. Morgen geht’s an den Fels – jippie!
Von insgesamt 17 Etappen sind wir 11 gelaufen (mit Abstieg nach Nus) – das macht 150 km und 10000 Höhenmeter hoch und runter. Ein unvergessliches Abenteuer, unser Trekking mit Hund auf dem Aostatal-Höhenweg Nummer Eins, dem Weg der Riesen.
Aostatal Höhenweg Nummer Eins -Trekking mit Hund -Tipps:
Genaue Tourenbeschreibungen und gpx-Tracks hier
Zahlreiche Hütten bieten Einkehr- und Übernachtungsmöglichkeiten, auch Biwaks (Selbstversorgerhütten) auf manchen Etappen vorhanden.
Zelten in der Einsamkeit nicht unüblich, haben ähnlich bepackte Selbstversorger gesehen. Bitte auf etwaige Naturschutzbestimmungen achten!
Wasser gibt es meist sehr oft unterwegs, sei es an Wassertränken oder Bächen.
Einkaufsmöglichkeiten in Gressoney, Valtournanche, Saint-Rhemy-en-Bosses, Courmayeur
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Detlef
22 Aug 2021Na, bin gespannt auf den Bericht der Klettertouren.
Wieder sehr schöne Erlebnisse und Fotos.