Dies ist ein Touren-/Erfahrungsbericht des Besteigungsversuches des Pik Lenin im Pamir, zu zweit und selbstorganisiert.
Pamir 2016 - Besteigungsversuch Pik Lenin 7134 m
Unsere erste Akklimatisierungstour führte uns auf den Pass der Reisenden (etwa 4200 m), im Anschluss zurück ins Basecamp und am nächsten Tag auf den Pik Petrowski (etwa 4800 m). So gewappnet packten wir am darauffolgenden Tag unsere Sachen und machten uns auf dem langen und beschwerlichen Weg zum Advanced Base Camp auf 4400 m. Die Agenturen bieten die Möglichkeit an, Gepäck auf Pferden bis ins ABC zu transportieren, Kosten: 2 bis 3 Dollar pro Kilogramm. Da wir noch keine Höhenerfahrung hatten, wollten wir das Pferdegepäck gering halten und schleppten viel selber. Das hat sich schnell gerächt. Vollkommen erschöpft erreichten wir abends im Schneeregen das Lager und der Höhenkopfschmerz mitsamt Übelkeit ließ nicht lange auf sich warten.
Nach etwas Ruhe machten wir uns daran weiter aufzusteigen und schon ein Depot einzurichten für das erste Hochlager auf knapp 5400 m. Der nun folgende Abschnitt wird „Bratpfanne“ genannt – bei Windstille und Sonne brät man regelrecht weg auf dem Gletscher, deswegen so früh wie möglich (wir sind 3 Uhr gestartet) losgehen. Wir kamen nicht bis ans erste Hochlager, da nach Erreichen der Höhe noch lange nach rechts gequert werden muss. Wir sparten uns die Strecke, da ich zumindest sehr geschwächt war vom vorhergehenden Erbrechen und Fieber. Ein weiterer Ruhetag und schließlich der endgültige lange Aufstieg ins erste Hochlager. Es ist eine gut ausgetretene Spur vorhanden, wenn das Lenin-Sky-Race gerade läuft, sind auch Fähnchen gesteckt. Wenn ich mich nicht verhört habe, dann laufen Menschen in 5 Stunden vom ABC bis auf den Gipfel… Die Spalten waren stellenweise für meine kurzen Beine etwas breit, aber mit einem mutigen Sprung alle schaffbar. Im ersten Hochlager ging es meinem damaligen Partner schlecht, so ruhten wir erneut einen Tag in der sengenden hitze der Bratpfanne. Am nächsten Tag starteten wir spontan (und deswegen viel zu spät!!!) zum zweiten Hochlager, welches sich am Pik Razdelnaya (6148 m). Der letzte, wahnsinnig steile Anstieg kostete uns alle Kraft und im beginnenden Sturm versuchten wir bestmöglichst das Zelt unwettersicher aufzubauen.
Tja, was soll ich sagen: die Nacht war grauenvoll. Schneesturm, Unwetter, massenweise Neuschnee, der wo nicht gemeldet war… kein Auge zugetan inklusive schlimmste Kopfschmerzen und Übelkeit. Wir entschlossen uns nicht aufzubrechen (da wäre nach Mitternacht gewesen, um den ewig weiten Weg zum Gipfel auf sich zu nehmen). Am nächsten Morgen fühlte ich mich wieder fit und voller Tatendrang, während meinem Bergpartner hundeelend war. Es war bitterkalt, uns froren in den dicken Daunenhandschuhen und Expeditionsstiefeln Finger und Zehen ab. Einzig richtige Entscheidung? Umkehren, Absteigen.
Wir stiegen ab, pausierten noch einen Tag im ersten Hochlager. Die meisten Agenturen und anderen Gruppen warn schon abgereist, sodass wir im Schnee einige zurückgelassene Leckereien fanden: Kekse, Nudeln, Suppen… Später im ABC sogar Zwiebeln und Tomaten! Dies war ein unfassbarer Festschmaus nach tagelangem Kartoffelbrei und Haferschleim. Ja, auch die Verpflegung muss dringend überarbeitet werden – aber auch Erfahrung lernt man immer noch am besten. Einige Tage blieben wir noch allein im ABC während das Wetter zunehmend instabiler wurde. Die Hauptsaison war vorbei, nun war es Anfang September und die Berge vom Massenansturm der Bergsteiger befreit. Vom ABC aus bestiegen wir mit leichtem Gepäck einige kleinere unbekannte Gipfel und genossen diese unfassbare Stille um uns herum.
Als wir später wieder im Base Camp ankamen, war es bis auf ein paar wenige Hirten komplett verwaist. Wie wir uns shcon vorher überlegt hatten, müssen wir die Strecke nach Sary Mogul zu Fuß zurück legen (etwa 30 km). Zuerst galt es jedoch den reißenden Leninfluss mitsamt schwerem Gepäck zu queren – mittlerweile gibt es Gott sei Dank weiter unten eine Brücke! Zwei Ruhetage in einer idyllischen Seenlandschaft stärkten uns für den bevorstehenden Höllenmarsch. Dies wurde er auch… anfangs war die Wegfindung erschwert durch die hügelige Landschaft, vermutlich sind wir völlig unnötige Höhenmeter und Umwege gelaufen. Endlich erreichten wir die weite Ebene. Orientierung? Strommasten! Denn diese mussten ja nach Sary Mogul führen, etwas anderes gab es hier weit und breit nicht. So tauchte vor uns in den Wolken immer der nächste Mast auf… und der nächste und der nächste… Nach einer gefühlten Ewigkeit und vor Schmerz berstenden Füßen gelangten wir in das Dorf und ergatterten uns beim CBT eine günstige Rückfahrgelegenheit. Zurück nach Osh, Füße pflegen und verlorene Kilos wieder anfuttern.
Fazit - Viel gelernt und wiederkommen!
LWir haben unglaublich viel Erfahrung gesammelt, indem wir selbst organisiert unterwegs waren. Natürlich fliegt man am Anfang sehr oft auf die Schnauze, aber das Wissen um Verbesserung bleibt ein Leben lang. Unsere Ausrüstung war soweit perfekt, Hauptproblem war wirklich das Essen. Einfach alles, was zuhause unfassbar lecker erscheint, ist dort oben in der Höhe nach ein paar Tagen nicht mehr zu ertragen. Gehtempo: viel langsamer, gerade an steilen Abschnitten in großer Höhe. Wer vollkommen erschöpft am Zelt ankommt, hat keine Energie zur Regeneration.
Und: nie wieder mit den Massen auf der Autobahn… das nächste Mal sollte es abseits von den Agenturen und dem Trubel sein. Was es auch wurde… zu lesen in Pamir II.
Was ich für Ausrüstung empfehlen kann, findet ihr hier: Beitrag folgt!….
Super gern könnt ihr mir wie immer schreiben, wenn ihr noch mehr Informationen braucht.
Allgemeines zur Reise ins Pamir findet ihr hier.
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