Am reichsten ist der, der am wenigsten braucht. (Seneca)
Der Wind fährt in meine Haare, winzige Regentropfen kitzeln meine Haut und vermischen sich mit dem Schweiß, der unaufhörlich rinnt. Ein Blick zurück ins Tal, nach Kals, dort unten steht das Auto, unser kurzzeitiges Zuhause auf vier Rädern und Rückfahrticket nachhause. Geplant war mal wieder etwas anderes als durchgeführt. Aber wie so oft, sind Bauchentscheidungen (meistens) gar nicht so schlecht…
Während die Fellnase und ich Meter um Meter bergauf watscheln, ist mir der Silesia-Höhenweg noch unbekannt. Der Adlerweg spukt mir durch den Kopf – bis an den Fuß des Groß Glockners. Den Adlerweg in Tirol bin ich schon gelaufen, nun der Plan ihn ebenso in Osttirol zu gehen (zumindest so weit ich komme in so wenig Tagen). Von Kals steigen wir hinauf bis zum Kals Matreier Törl Haus und folgen dem langen wunderschönen Höhenweg nahe des Grates zur Sudetendeutschen Hütte.
Dies ist ein schwerer Bergweg, nicht nur wegen der Ausgesetztheit, des stellenweise abgerutschten Weges. Über das Hohe Tor und der Dürrenfeldscharte führt uns der Pfad und dahinter wartet noch ein ..nunja…leichter Klettersteig oder eher ein paar drahtseilversicherte Stellen auf uns… und so einige Schneefelder. Vier Menschen haben wir getroffen in dieser fantastischen Bergeinsamkeit.
Durch sehr viel Schnee und einen steilen Hang kämpfen wir uns bergauf zum Gradötzsattel. Hier ist Adlerweg und Silesia-Höhenweg eins. Die Fellnase und ich pausieren kurz auf unserem Aussichtspunkt, Herr Hund betreibt Wälzorgien im Schnee, Frauchen futtert Obstriegel und friert im kühlen Wind.
Wir steigen ab entlang des Adlerweges, Bäche rauschen, Schafe blöken glöckchenläutend durch die Stille, Murmeltiere fiepen Alarm. Wie ich die Murmeltiere vermisst habe! Die Fellnase ebenso und die Leine bleibt straff gespannt ;). Ein Abzweig kommt in Sicht. Der Adlerweg führt bergab ins Dorfertal und auf der anderen Bergseite hinauf Richtung Groß Glockner mit Stüdlhütte, Lucknerhaus, Glorer Hütte. Ich halte inne am Wegweiser. Zu paradiesisch und friedlich ist es hier. Der Trubel in den Hütten am Fuße des Groß Glockners am Wochenende – möchte ich das? Eine kurze Weile unschlüssig, dann überzeugt der schmale einsame Höhenpfad und wir schlagen den Weg zur Rudolfshütte ein, dem Silesia Höhenweg folgend.
Der Weg ist noch lang bis zur Rudolfshütte, ein sintflutartiges Unwetter überrascht uns. Sturmböen peitschen die Regentropfen ins Gesicht, schütteln uns so hoch oben durch. Die Berge sind in dicken, dunklen Wolken gehüllt. Über der Schobergruppe grollt es schwarz, die Almwiesen stehen unter Wasser. Jeder Schritt hinterlässt ein Schmatzen, sowohl auf dem Gras als auch im Schuh. Der nächste Wegweiser taucht aus dem Grau auf – wir wählen diesmal den kürzesten Weg hinab ins Dorfer Tal, vorbei an riesigen Wasserfällen, das Tal entlang, durch einen Felstunnel – und dann – irgendwann stehen wir hungrig, durstig, klitschenass und stinkend wieder am Auto. Ein Klick, hinein ins Trockene – eine Schüttelattacke der Fellnase später – mit neuem Raumduft „nasser Hund“. 🙂
Also mal wieder anders als geplant, aber ein wunderschönes kleines Solo-Trekking-Abenteuer mit Hund auf Abschnitten des Sudetendeutschen Höhenweges, des Adlerweges und des Silesia-Höhenweg in den Hohen Tauern!
Weitere Tourenberichte vom Trekking mit Hund:
- Trekking / Klettersteig mit Hund im Val Grande – Into the Wild
- Trekking mit Hund: Gardaseeberge (Winter)
- Zuggeschirr für Hunde im alpinen Gelände
- Trekking mit Hund: Stubaier Höhenweg in 4 Tagen
- Trekking mit Hund: Piz Bernina Umrundung /Alta Via Valmalenco/Scersen Trail
- Trekking mit Hund: Tour du Mont Blanc
- Trekking mit Hund: Karnischer Höhenweg – Via della Pace
- Ski-(Winter-)trekking mit Hund mit Backcountry Ski – Tipps & Erlebnisbericht am Erzgebirgskamm
- Trekking mit Hund – Über das Tennengebirge
- Trekking mit Hund: Aostatal Höhenweg Nummer 1 – Weg der Riesen
Weitere Tipps :
Wintertrekking – Backcountry Skitouren – Winterzelten mit Hund