There is no path to happiness. Happiness is the path. (Buddha)
Asturien ist eine Autonome Gemeinschaft im Nordwesten Spaniens. Eine faszinierende Berglandschaft zwischen Picos de Europa und Atlantik. Wilde Flüsse, Braunbären, Adler und Geier… Eindrücke vom Bikepacking mit Hund auf der Route „La Huella de Oso„, Packrafting auf dem Nalon und vom Bergwandern in den Picos de Europa. Video bitte in HD schauen.
„Oder soll ich doch erst übermorgen fahren und in Ruhe packen?“, tippe ich einem gutem Freund, welcher mich und meine äußerst spontanen Chaoszustände schon länger kennt. Etwas überfordert sitze ich vor meinem auseinandergeschraubten Radl, in der Hoffnung, es diesmal nicht kaputt zu reparieren. Es ist 18 Uhr. Die Wohnung ist ein Schlachtfeld aus allen erdenklichen Outdoorausrüstungsgegenständen. 19 Uhr bin ich zum Abendessen verabredet. Morgen früh muss ich zum Reifenwechsel in der Autowerkstatt sein – inklusive voll bepacktem Auto für alle Eventualitäten (Bikepacking, Packrafting, Trekking, Klettern, Schnorcheln, Arbeiten, Hängematte). Ich seufze. „Oder ich fahre gar nicht und bleibe hier?“, tippe ich erneut. Mein inneres Schweinehündchen öffnet müde blinzelnd das Auge. Aha, eine Anwandlung von Komfortbedürfnis und Normalität?
Ich erhalte mehrere Grinsesmileys zurück, während mir eine Freundin den Rat gibt, mir doch noch einen Tag zum Packen zu nehmen. Mmh, nee das funktioniert bei mir nicht. Dann stell ich mir morgen wieder dieselben Fragen. Trotz jahrelanger Routine und dem Überleben diverser Chaoszustände ist der erste Schritt ins Ungewisse immer noch der Schwerste.
So packe ich nach dem gemeinsamen Abendessen noch weiter, spiele im Finstern Kofferraumtetris und verabschiede mich am nächsten Morgen mit schwerem Herz. Doch dann ist der erste Schritt getan – Vorfreude und Reiselust blühen auf.
Wenige Stunden später planschen wir im kühlen Atlantik, ehe wir am Abend unser Ziel in Asturien erreichen. Das Wetter ist die nächsten Tage noch mit ein paar Regenschauern durchzogen, sodass ich spontan eine Runde Packrafting und Wandern in den Picos de Europa vor der Radeltour einschiebe.
„Hallo lieber Nalón, bitte lass uns heil, danke.“, murmele ich, die Hände in den Fluss getaucht und benetze mein Gesicht mit dem Wasser. Mein Paddelritual. Hat bislang immer gewirkt. Und das brauchen wir auch jetzt, denn da fließt wohl etwas mehr Wasser als im Normalzustand und die Stromschnellen sind etwas schneller und die Wellen etwas höher… Ein rasanter wilder Ritt, der nur wenige Sekunden zum Durchatmen lässt. Enge Kurven, flotte Strömung, Wirbel, Flachstellen, große Felsblöcke unter Wasser. Wir hüpfen durch die Wellen. Am Ausstieg klettere ich erleichtert aus unserer ultraleichten Nussschale, Mexx vorneweg. Eieiei, was für eine nasse Fahrt…
Die nächsten Tage verbringen wir in den Picos de Europa. Stehen staunend vor der imposanten Felswand des Pico Uriellu. Werden von etwa fünfzig Adlern und Geiern umkreist. Nur wenige Meter über uns, so nah, dass man das Rauschen der Schwingen hört. Als wir weitergehen, „fauchen“ sie uns an, mehrere riesige Geier fliegen direkt hinter der Wegkurve vor uns weg – jene, die gerade noch vor einer angeknabberten toten Gams hockten und welche wir wohl beim Mittagessen gestört haben. Dicht halte ich Mexx bei mir, die Trekkingstöcke mit den Spitzen nach oben gereckt, um meine kleine Fellnase verteidigen zu können, falls er fälschlicherweise als Nachtisch identifiziert wird…
Am nächsten Tag laufen wir durch die faszinierende „Schlucht Gottes“, entlang der Route de Cares. Bunt gescheckte Ziegen klettern waghalsig an steilen, glatten Felswänden um auch ja das Grasbüschel dort hinten zu erreichen. Wir ducken uns durch Felstunnel hindurch, während unter uns kristallklar der Cares-Fluss donnert. Und als der Wetterbericht schließlich keine Regenschauer mehr meldet, steige ich als „Sonn“tagsradler am nächsten Morgen auf meinen voll bepackten Drahtesel, eine schwanzwedelnde Fellnase neben mir. Wo geht es diesmal hin, scheint er zu fragen. „Die Bärenrunde“, sage ich. „Wir besuchen die Heimat der Asturischen Braunbären.“
Wir rollen entspannt entlang der Via Verde (stillgelegter Bahntrassenradweg), dann schwitzen und keuchen wir uns den ersten Pass hinauf, nur um dann bei 20% Gefälle alle Höhenmeter wieder zu verbrennen. Dem Senda del Oso folgen wir zum Bärengehege in Proaza, wo uns hinter Gitterstäben ein Braunbär müde anguckt. Ich verwerfe meine Befreiungsgedanken und die Vorstellung mit Hund, Katze, Maus, Papagei und Braunbär als Variation der Bremer Stadtmusikanten unterwegs zu sein. Orangenbäume und wilde Orchideen am Wegesrand. Unser Nachtlager auf einer Wiese vor weißen Kalksteinfelswänden, zwei Pferde als Nachbarn. Mein Futterbeutel baumelt bärensicher vom Zelt entfernt an einem Baum.
In dem dunklen Wasser der Bergseen spiegeln sich die schneebefleckten Gipfel. Gelbe Blümchen auf der grasigen Hochebene, wo uns nahezu weglos der GPX-Track hindurch schickt. Sonne, Stille, Rückenwind. Ein fantastischer Tag trotz vieler Höhenmeter liegt hinter uns. Leere Bergstraßen, an denen Truckfahrer anhalten und fragen, ob bei mir alles okay ist. 20%-Fluch-Steigungen, literweise Schweiß und Boxenstop an jeder möglichen Trink- und Planschgelegenheit für Fellnase, die es so früh im Jahr noch reichlich gibt. Ein von Menschen in Ruhe gelassenes Paradies, welches an Norwegen erinnert. Ach und was fehlt noch zur typischen Bikepackingrunde? Genau, die nicht fahrbaren Holper-Singletrails. Gibt es auch. Jedoch sind es verhältnismäßig wenig Schiebepassagen… Die Sonne verschwindet goldorange hinter den gezackten Bergketten. Unten im Tal rauscht der Fluss. Hier oben auf halber Höhe schnarcht das vierbeinige Perpetuum Mobile genüsslich im Zelt, gewürzt mit deftigen Hundepupsen.
Der nächste Abend… Schlauchwechsel im Paradies, ein Platten kurz vor der angedachten Nachtlagersuche. Also schiebe ich auf die mit gelben Blumen betupfte Hochfläche, dort unter dem knorrigen Apfelbaum und beschließe hier zu bleiben. In der Nähe eine Herde Pferde, von Hügeln und Felswänden umrahmt. Was für ein traumhafter Fleck Erde nach einem weiteren anstrengenden Tag. Ein langer Anstieg in der Mittagssonne. Mexx kühlte sich ab, indem er sich mit dem Bauch flach in die Bäche legt und solange verweilt, bis die Betriebstemperatur wiederhergestellt ist. Endlich war der Pass erreicht und wir holperten den Singletrail des „Camino Real“ entlang. Die letzten Anstiegsmeter geschafft. Doch das Schlimmste stand noch bevor: Was in der Theorie ein flowiger Singletrail sein soll, ist in der Theorie eine Katastrophe und ich schimpfet, ächzte lauthals. Hört ja eh keiner. Nur Mexx guckte verwundert, warum ich denn so fluche. Nunja, er muss auch nicht ein bockschweres Rad mehrere Ewigkeiten lang durch von Huftieren zerfurchte und aufgewühlte Pfade zerren. Regelmäßig steckte das Rad im Schlamm fest, dann die Füße knöcheltief. Pfatsch, pfatsch und ich zog meine Schuhe mitsamt Fuß in Schlammpackung wieder heraus. Zudem zerkratzten Dornensträucher meine Beine, welche bis an den Po mit Schlamm verziert sind.
Der letzte Tag zurück zum Parkplatz ist lang, zäh und wunderschön. Der allerallerletzte lange Anstieg, eine nicht enden wollende Abfahrt ins Tal. Ich wehre eine Attacke von Herdenschutzhunden ab, sammle mir dabei einige blaue Flecke ein, klemme mir dann den Vierbeiner unter meine Arme und rausche ungebremst von dannen (ok, der zweite Satzteil war Wunschdenken). 18 Uhr erreichen wir das wie immer heiliggesprochene Auto, ich hebe Mexx hinein und gönne mir eine warme Dusche aus meinem Solarsack. Mhh, und morgen Felltiger? Wohl eher Packrafting um die Beine zu erholen…
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