Bikepacking mit Hund –  Asiago Loop
Bikepacking mit Hund auf dem Asiago Loop

Bikepacking mit Hund – Asiago Loop

People come into your life for a reason, a season or a lifetime. (Brian A. Chalker)

Vor nicht mal drei Wochen schrieb ich im Val Grande Bericht, dass ich aktuell am liebsten mein Radl packen würde und auf und davon wäre. Kleines „Problemchen“: Fellnase. Okay, meine Radelliebe mit Hund zu leben, was hält mich davon ab? Sind das wirkliche Probleme, wirkliche No-Gos oder bin ich nur nicht bereit, mich auf (lösbare) Schwierigkeiten einzulassen? Also in einer Hau-Ruck-Aktion einen gefederten Komfortwagen für das vierbeinige Fellkind bestellt und ohne große Eingewöhnung ins kalte Wasser gestürzt – Bikepacking mit Hund auf dem Asiago Loop. Wird schon schief gehen – und das tat es auch. Aber am Ende wird ja bekanntlich alles gut 😉 .

Wildes einsames Asiago Plateau - Bikepacking mit Hund
Wildes einsames Asiago Plateau - Bikepacking mit Hund

Das Asiago Plateau ist eine riesige Hochebene in den venezianischen Voralpen im Nordosten Italiens zwischen den Provinzen Vicenza und Trient. Auch eine historisch interessante Gegend, da im Ersten Weltkrieg die Frontlinie direkt durch die „Sieben Gemeinden“ verlief. Inmitten dieser wilden und einsamen Landschaft, geschmückt mit einfachen Almen (fantastischem Käse!) und urigen Hütten, verläuft der Asiago Loop – eine Bikepacking Runde von knapp 200 km. Eindrücke eines Bikepacking Abenteuers mit Hund. Klappe, die Erste 😉 .

Schwertransport
Schwertransport

Gravelbike, Bikepackingtaschen, Vierbeiner und Hundeanhänger aus dem Kofferraum gezaubert. Als ich die ersten Meter durch die Innenstadt Asiagos rolle als Schwertransport (12,5 kg Hundeanhänger, 35 kg Hund und 8 Liter Wasser zzgl. zur Campingausrüstung plus Verpflegung) und nicht den leichtesten Gang benötige, bin ich optimistisch. Noch 195 km sagt das Navi. Ah ja. Nach 2 km, als der Asphalt endet, wird das Zugpferd gewechselt und Herr Hund übernimmt schwanzwedelnd die Führung. Kurz darauf finde ich mich jedoch keuchend und schiebend auf einer bocksteilen Holperpiste wieder, was man nicht mal mehr als Wanderweg bezeichnen könnte. Okay, Fluch Nummer Eins… bis Fünf. Was für eine Schnapsidee, denke ich mir noch, als wir dann endlich wieder entspannt dahin rollen können.

Zugpferd im Offroad Bereich
Zugpferd im Offroad Bereich

Gleich darauf kracht es am Hinterrad, dann ein Blockieren und ich kann mich gerade so vor dem Sturz bewahren. Was zum Geier…?!?! Die Anhängerkupplung hat sich gelöst und hängt nun in der Notsicherung. Und die Mutter zum Anschrauben? Mmh… auf geht’s zur leicht verzweifelten Suche zurück auf dem Weg im nahezu absolutem Funkloch. Aber gut, wer hätte mir auch helfen können, Telefonjoker mit Sofort-Werkzeug-Kiste gibt es dann doch eher selten. In meinem Kopf breitet sich schon ein Notfallplan aus, da sehe ich es glitzern im Dreck. Ich hocke mich hin und schraube nochmal alle Schrauben doppelt fest – so sehr, dass sich der Schraubenschlüssel verbiegt. Gut, ähm, nach fest kommt ab… sollte aber erstmal halten und ich trete wieder fleißig bergan bis das erste Schneefeld kommt.

Endlich Nachtlager nach der Tortur
Endlich Nachtlager nach der Tortur

Naja, mal kurz schieben… Aus kurz wurden 3 Stunden. Aus Schieben wurde ein Gezerre, Getrage, Geächze. Ein knietief in die harte Schneekruste einbrechen. Ein Steckenbleiben. Ein Fellnase Zieh! und gemeinsam den „Karren aus dem Dreck ziehen“. Wenn es besonders steil wurde, zerre ich erst das Rad, dann den Hänger bergauf in flacheres Gelände. Der einzige, der Freude hat, ist die sich im Schnee wälzende Fellnase. Wenn ich nicht mehr radeln kann, dann schiebe ich. Wenn ich nicht mehr schieben kann, dann trage ich. Wenn ich nicht mehr tragen kann… nun am Abend setze ich mich hin auf der Suche nach Plan B. In die höheren Lagen des Asiago Loops vorzustoßen ist wenig sinnvoll, denkt sich sogar mein Dickschädel. Nasse Eisfüße und zerkratze Unterschenkel inklusive. Ich beschließe morgen über einen anderen Weg in tiefere Lagen zu kommen und zum Südteil zu wechseln. Im kalten Wind fröstelnd baue ich unser Nachtlager auf. Ein sanftes Zischen kommt aus dem Tubeless-Vorderreifen. Na klar, auch das noch… kümmere ich mich morgen drum und mummele mich so tief in den Schlafsack ein, dass nur ein winziges Atemloch bleibt. Trotzdem eine kalte Nacht. Am Morgen ist alles gefroren. Inklusive meiner gestern klitschnassen Radelschuhe.

Endlich schneefrei! Bikepacking mit Hund Asiago
Endlich schneefrei! Bikepacking mit Hund Asiago

Der nächste Morgen. Eine kleine Ewigkeit lang versuche ich mit klammen Fingern, den vermutlich an der Felge durch Dichtmilch angefrorenen Reifen zu lösen und einen Schlauch einzuziehen. Dann geht es endlich weiter – durch den Frost brechen wir nicht so sehr ein auf den Schneepisten. Ein Störgeräusch tritt auf – die Schraube, wo der Gepäckträger mittig an der hinteren Gabel befestigt wird, hat sich gelöst und schleift am Reifen. Mmh, da mein Schraubenschlüssel abgebrochen ist, kann ich das Rad mitsamt neuer Steckachse nicht ausbauen. So hocke ich in der schneebefleckten Pampa und murmele, es gibt nur Lösungen, keine Probleme… Also lasse ich die Luft aus dem Reifen, um besser ranzukommen und versuche in einer sehr friemeligen Angelegenheit mit bloßen Fingern die Schraube etwas anzuschrauben, denn mit dem Imbus gelange ich nicht dorthin, solange das Hinterrad eingebaut ist. Es gelingt! Und scheint zu halten. Haben wir jetzt alle Pannen durch? Wohl vorerst schon und so wechseln wir auf den Südteil des Asiago Loops.

Verlassene Almen
Verlassene Almen

Auf ebenen, nicht zu holprigen Wegen, auf Asphaltstraßen, bergab oder leicht bergan, da hält das Fellnasentaxi, der Vierbeiner darf einsteigen und von da an geht es mit angezogener Handbremse und platzenden Beinmuskeln weiter. Aber tatsächlich, ich habe es mir schlimmer vorgestellt. Wahrscheinlich geben wir trotzdem ein ziemlich ungewöhnliches Gespann ab. Erst eine vor sich hin trottende Fellnase mit Wackel-Schlappohr, dann dieses Mädel auf dem Radl, was Mister Riesenanhänger hinter sich herzieht. Die Passstraße hoch versteht sich. Überwiegend befinden wir uns auf unbefestigten, wilden (Schiebe-) Wegen. Für den kurzen Abschnitt bergauf auf einer wenig befahrenen Straße, klatschen die Autoinsassen Beifall. Andere lassen das Fenster herunter und rufen: Senora, complimenti! oder Grande! Grande! Grandissima!

Ausblicke nach Venetien- Bikepacking mit Hund
Ausblicke nach Venetien- Bikepacking mit Hund

Wir strampeln derweil weiter und mittlerweile geht Herr Hund auch gefühlt ein wenig lieber ins Taxi auf die Viskoschaummatratze 😉 . Ein herrlicher Höhenweg, vorbei an malerischen Hütten und verlassenen Almen führt uns oberhalb von Bassano del Grappa entlang. An einem Adlerhorst, direkt bevor die Felswand in die Tiefe stürzt, schlagen wir unser Lager auf und genießen die Abendsonne. Fellnase bringt ein Stöckchen nach dem nächsten angeschleppt, ich „zwinge“ ihn jedoch zur Ruhe – na morgen noch paar Kilometer mehr?!? 

Abendstunden auf dem Adlerhorst - Bikepacking mit Hund
Abendstunden auf dem Adlerhorst - Bikepacking mit Hund

Die Nacht bringt mit den heranziehenden Sturmböen auch ein paar Regentropfen. So bleiben wir am nächsten Morgen doch etwas länger liegen und genießen ein ausgedehntes Frühstück in der Morgensonne. Kilometer durch frisch ergrünten Wald, die letzten Anstiege und eine lange Abfahrt erwarten uns. Als wir in Asiago wieder einrollen (und wie an den restlichen Tagen überraschte Blicke ernten) werde ich gefragt: You cycle with your child? Ich schüttele den Kopf. Maybe in some years, erwidere ich und lüfte das Geheimnis um den Hängerinhalt. Your dog?!?! Yes. Denn manchmal geht es nicht darum seinen Egotrip durchzuziehen, sondern etwas trotz aller Widrigkeiten und Zweifel gemeinsam zu schaffen. Und auch wenn es aktuell (nur) mit einer Fellnase ist. 

Was für eine geniale Schnapsidee… was soll ich sonst tun als radverliebte Hundemama. Zack, paar Kilo mehr geschleppt und einfach durchziehen. Im wahrsten Sinne des Wortes 🙂 Wie ich diese kleinen Abenteuer liebe!

Eine stürmische Nacht wartet auf uns...
Eine stürmische Nacht wartet auf uns...

Bikepacking mit Hund:

Je nach Kondition, Gesundheit, Training, Größe und Alter des Hundes ist ein Hund (normalerweise) in der Lage auch längere Distanzen auf am besten unbefestigten Wegen (gelenkschonend) zu laufen. Kühle Temperaturen sind wichtig, da bei Hitze sich der Hund kaum noch runterkühlen kann.

In der Ebene lasse ich Mexx traben, bergauf im Schritt oder Trab. Galopp bremse ich meistens aus, damit er sich bei längeren Distanzen nicht zu sehr verausgabt. Regelmäßige Pausen sind wichtig. 

Infos im Netz: 
Dogpacking 2.0: A Guide to Bikepacking with Your Dog – BIKEPACKING.com
Radlhund – Fahrradfahren mit Hund (mit ausführlichem Anhängertest!)

In Zukunft soll hier auch noch ein eigener Artikel zum Bikepacking mit Hund entstehen – aber erst will ich noch bissl radeln.

Wohlverdientes Schlummern
Wohlverdientes Schlummern

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